Bluegrass in Tschechien mit Hindernissen

 

Am 03.09.2015 machten wir uns wieder einmal auf den Weg mit unserem Wohnmobil. Das Ziel hieß diesmal „Borovany“, wo der 35. Bluegrass Marathon stattfinden sollte. Nach unserer Landkarte schien dieser Ort ja nicht weit entfernt von der österreichischen Grenze in der Nähe von Budweis zu sein. Während eines gemütlichen Abendessens in Schwarzenau, kurz vor der Grenze, fiel uns ein, dass wir etwas sehr wichtiges daheim vergessen hatten. Also wieder ca. 120 km zurück nach Wien, einpacken, noch in der Nacht bei strömendem Regen wieder Richtung Grenze, diesmal nur bis Maissau wo wir übernachteten.

 

Freitag fuhren wir frohgemut weiter und folgten den Anweisungen unseres Navy. Aber eigenartig …. die Zeit verging, die Kilometer verschwanden und wir waren noch immer nicht am Ziel, nach der Landkarte sollten wir schon lange dort sein. Endlich ein Wegweiser „Borovany“, doch das Dorf war wie ausgestorben, kein Anzeichen irgendeiner Festivität. Am Sportplatz trafen wir zum Glück einen Mann den wir fragen konnten, er wies uns den Weg nach dem Borovany von unserer Landkarte. Wieder mal 117 km retour fahren. Große Freude als wir dort ankamen, aber – wieder nichts. Im Touristenbüro konnte man endlich im Computer feststellen – Facebook sei Dank – wohin wir fahren sollten: BOROVANY u TACHOVA, ganz im Westen, fast an der Deutschen Grenze. Es gibt also 3 Orte mit gleichem Namen in Tschechien und diese Irrfahrt hatte uns 9 Stunden gekostet.

 

Am Ziel angekommen hatten wir Glück und fanden sofort einen geraden schönen Stellplatz direkt am Geschehen. Die erste Band hatten wir zwar versäumt aber es kamen noch viele andere nach (CHBQ, Handl, Zvonky-Country Cocktail, WOW-Trio), durchwegs traditionell, eine Band sogar mit 3 Banjos. In einer Hütte am See wurde zeitgleich gejammt.

 

Samstag, 05.09., begann die Musik um 12 h Mittags und bis Mitternacht spielten 13 unterschiedliche Bluegrass-Bands: 1) Blue Gate – sehr flott. 2) Bican a Sešlí Přátelé – sehr gut, swingend und bluesig, schönes Acapella. 3) Womaklee – für unseren Geschmack zu rockig. 4) Semtam und 5) Abalone ließen wir aus und machten eine kleine Pause. Dann ging es weiter mit 6) BG Bazar – sehr gut, sie schienen Metallica-Fans zu sein. 7) Goodwill – sie sangen als erste Band nur englisch und es wurde Zugabe verlangt. 8) FLASTR – Gesang war teils englisch, teils tschechisch, swingend und traditionell, sie brachten den wunderschönen Acapella Gospel >Down to the river to pray< und eine Zugabe mit Flöte. 9) Giant Mountains Band – sie traten ganz traditionell mit schwarzen Anzügen auf. 10) COP – Lokalmatador aus Pilsen, sehr laut und mit Liedern bei denen die zahlreichen Fans mitsangen. Diese Fans räumten danach das Feld doch nun kam 11) mit BG CWRKOT die Creme de la Creme der Bluegrass-Prominenz mit weißen Hüten auf die Bühne, mit dabei u. a. Peter Brandeis am Banjo. Wir hörten >Little Maggie<, einen Hank Williams-Jodler und als Zugabe >If you got the money, I’ve got the time<. Ganz ausgezeichnet. 12) Die nachfolgenden Modrotisk wirkend dagegen nicht sehr überzeugend. Wir hatten sie schon besser in Erinnerung. 13) und Schlusslicht war Fork Road – durchwegs sehr junge Musiker mit sehr gutem Chorgesang, englisch bzw. tschechisch. Inzwischen war es so kalt geworden, dass die Musiker kaum mehr spielen konnten. Doch hatten wir alle Glück, denn der Regen begann erst nach dem letzten Set.

 

Das war tatsächlich ein Bluegrass-Marathon in sehr familiärer Umgebung, rustikalem Ambiente in einem alten Bauernhof mit Konzertbestuhlung wo die Menschen in Decken und Mäntel gehüllt saßen, manche auch auf ausgebauten Autositzen oder Liegestühlen. Obwohl das Bier in Strömen floß war das Publikum sehr aufmerksam und diszipliniert. Es wurde auch in verschiedenen Privat-Häusern gejammt, der ganze Ort schien involviert zu sein. Man gewann den Eindruck, dass mindestens 90 % der Besucher selbst Musiker sind bzw. alle eine starke Beziehung und Verständnis haben für Bluegrass.

 

Nach diesem Musikgenuß kam Kultur der anderen Art an die Reihe: Klášter Teplá, Nový Drahov und das sehr interessante Naturschutzgebiet Soos mit Schwefelquellen. Ein paar Tage relaxen in der Therme Bad Steben in Bayern. Und wieder zurück zum Country-Bluegrass-Festival Žebřiňák bei Spořice. Samstag, 12.09.2016, ein schöner alter Bauernhof, Freilichtbühne, ebenfalls sehr familiär und freundlich. Dieses Fest wurde zum 1. Mal veranstaltet. Ab 14 Uhr standen am Programm: Fanda Gang – Country auf tschechisch, aber recht gut. Blue Eyes – traditoneller Folk und Bluegrass, abwechselnd tschechisch und englisch (My window faces the South, Carolina in the pines, Fox on the run). Zfleku – aus Chomutov, sehr gute Folkband mit ausgezeichneter Sängerin (Tears in heaven, Moonlight Shadow, Time after time). Diese Band quatschte nicht so viel sondern spielte einfach drauf los. Bunzon – reiner Bluegrass. Plešbend – gemischt, trad. Bluegrass und auch >Highwayman< auf tschechisch. Bluetet – bekannte Country-Coversongs wie >Ten pound hammer<, >Banks of the Ohio<, >Salty Dog<, gesungen wurde abwechselnd englisch und tschechisch. Album – die wohl bekannteste Band an diesem Abend. Sie waren nach fünf Minuten fertig mit dem Soundcheck und das war gut, denn das Programm hatte schon eine Stunde Verzug. Überraschende Klänge bekamen wir zu hören: >Dancing Queen<, Memphis Tennessee< im Bluegrass-Style, >Hearth of Gold< und zwei sehr flotte Zugaben. Letzte Band war The Jumper Cables – sie spielten rein traditionellen Bluegrass, auch den Song >Johnny B. Goode< und >Sitting on top of the world<. Sehr flott.

 

Einfach aber gut: 1 LKW-Anhänger, 2 kleine Griller, 1 Eiskasten, 1 Bierzapfsäule, dazu super gute und unkomplizierte Musiker – mehr braucht es nicht für ein gelungenes Fest.

 

Auf der Heimreise blieben wieder einige Sehenswürdigkeiten hängen, u. a. die Basaltfelsen bei Prácheň, die Stadt Kutná Hora und das Freilichtmuseum Veselý Kopec. Zum Abschluß noch einmal eine Therme, diesmal in Laa/Thaya. Von dieser waren wir jedoch enttäuscht, denn was dort geboten wird steht in keiner Relation zum Preis. Bad Steben ist wesentlich besser.

 

Nach 14 Tagen sind wir glücklich daheim angekommen und wieder etwas reicher an musikalischen und anderen Eindrücken. Alle Fotos dazu findet ihr hier:

 

https://picasaweb.google.com/105907104610633997758/20150904_BluegrassMarathonBorovany?authuser=0&feat=directlink

 

https://picasaweb.google.com/105907104610633997758/20150905_BluegrassMarathonBorovany?authuser=0&feat=directlink

 

https://picasaweb.google.com/105907104610633997758/20150912_CountryBluegrassFestival_ZEBRINAK?authuser=0&feat=directlink

 

 

Text und Fotos: Eliza und Franz